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Haiti – ein geschundenes Land

Vor zehn Jahren, am 12. Januar 2010, 16:53 Uhr Ortszeit, bebte in Haiti die Erde mit einer Stärke von 7,0. Nach Regierungsangaben forderte das Erdbeben 316’000 Tote und etwa doppelt so viele Verletzte. Die Hauptstadt Port-au-Prince wurde weitgehend zerstört – Wohnhäuser, Spitäler, Schulen, Kathedrale, Präsidentenpalast. Es war das siebte Erdbeben seit der Staatsgründung von 1804. Jenes von 1842 erreichte gar die Stärke von 8,1.

Anfang Oktober 2016 zerstörte der Wirbelsturm Matthew weite Teile der südwestlichen Halbinsel Haitis, Hunderte von Menschen starben, erodierte Böden vernichteten im ganzen Land die Ernten, das Trinkwasser wurde grossflächig verunreinigt. Auch dies wiederholt sich – so oder ähnlich – ein bis zweimal pro Jahrzehnt.

Heute sind es – wieder einmal – die «politischen Stürme», die in Haiti Menschenleben fordern und die Verarmung der Menschen weitertreiben. Seit September 2019 kommt es – vor allem in den grösseren Städten – unablässig zu schweren Unruhen mit Toten und Verletzten. Nebst gewalttätigen Demonstrationen in den Ballungszentren errichten kriminelle Banden im ganzen Land unzählige Strassenblockaden, die den Verkehr zum Erlahmen bringen und die nur – nach langwierigen Diskussionen mit den erpresserischen Banditen – gegen Bezahlung passiert werden können. 

Der Handel ist praktisch zum Erliegen gekommen. Engpässe bei Treibstoffen, Lebensmitteln und Medikamenten sind die Folge, die Bauern können ihr Weniges an Gemüse oder Früchten nicht mehr auf den Markt bringen. Lebensmittel und Treibstoffe werden zu astronomischen Preisen angeboten. Im Oktober 2019 kostete 1 Liter Benzin umgerechnet 3 Dollar 50 – und dies in einem Land, in dem ein Viertel der Einwohner mit 1 Dollar 20 pro Tag auskommen muss.

Der heutige Unmut richtet sich vor allem gegen den Präsidenten, die Regierung und die wirtschaftlichen Eliten des Landes, die sich mit Korruption und Diebstahl von Staatseigentum persönlich bereichern. Am krassesten zeigt sich das am Beispiel des venezolanischen Erdöls, das – ab 2006 im Rahmen des Programms «Petrocaribe» – von Venezuela zu äusserst günstigen Konditionen an arme Karibikstaaten geliefert wurde – so auch an Haiti. Die Vergünstigung von bisher etwa 3 Mrd. US-Dollar machte sich aber an den Zapfsäulen in Haiti nicht bemerkbar, sie landete in den Taschen der korrupten Eliten Haitis. 

Mit dem Abzug der UNO aus Haiti von 2017 verliessen rund 8’000 Blauhelm-Soldaten und 4’000 UNO-Polizisten das Land, ein paar hundert Polizeiberater blieben bis 2019 zurück. Die UNO hat keine Rechtsgrundlage mehr für eine weitere Verlängerung des Mandats, und viele Haitianer wünschten deren Abzug, nachdem UNO-Soldaten erwiesenermassen die Cholera ins Land gebracht hatten. Das Problem dabei ist, dass die Nationale Polizei weder die Reputation noch die Fähigkeit hat, die Sicherheit im Land zu garantieren. Ihre Unabhängigkeit wird – wohl zu Recht – bezweifelt.

Zum Glück ist unser Gesundheitsbetrieb im ländlichen Haiti – zwei ambulante Gesundheitszentren, zwei ambulante Cliniques fixes, ein Geburtshaus – nicht direkt von diesen Unruhen betroffen. Sie richten sich nicht gegen unsere Institutionen, auch nicht gegen Weisse oder «Normalbürger» im Land. Gelegentliche Lieferengpässe bei Medikamenten oder Lebensmitteln gibt es aber auch bei uns.

Gerade in solchen Situationen, da das Land kaum mehr funktionsfähig ist, sind verlässliche Engagements wie das unsere für die notleidende Bevölkerung von grosser Bedeutung. Die zunehmende Mangelernährung (etwa 50% der Bevölkerung) erhöht das Krankheitsrisiko. Mit unseren Ernährungsprogrammen können wir dem entgegenwirken. Zum Glück können wir auch die Behandlung von Kranken und Verletzten, die professionelle Geburtshilfe und die enge Begleitung der Kleinkinder mit Impfungen, Vitaminen usw. weiterführen. Dass dies möglich ist, verdanken wir Ihnen, die Sie uns regelmässig mit Spenden unterstützen. Private Spenden sind unsere einzige Finanzierungsquelle.

medizinische Versorgung in einem der ärmsten Länder

Haiti gehört zu dem Fünftel aller Länder mit den niedrigsten Lebenserwartungen der Bevölkerung. Die Sterblichkeit von Neugeborenen, von Müttern bei Geburten und von Kindern ist hoch. Schwere Infektionskrankheiten wie Tuberkulose, Cholera, Hepatitis und AIDS, aber auch Malaria sowie Mangel- und Fehlernährung sind permanente gesundheitliche Bedrohungen.